Lorea und die Schwarze Glock

Seit kurzer Zeit bin ich bei Schreibnacht angemeldet. Dort gibt es in unter der Rubrik Schreibhandwerk alle zwei Monate eine kleine Aufgabe, an der die aktiven Schreiberlinge ihre Arbeiten gegenseitig durch konstruktive Kritik verbessern. Eine tolle Sache!

Nun sind aber Schreibnacht auch Schreiber unterwegs, die die Volljährigkeit noch nicht erreicht haben. Anstößiges, Brutales oder sexuell zu Eindeutiges kann dort also nicht veröffentlicht werden.

Die aktuelle [Aufgabe 16] ist „Märchen“. Nachdem ja Hauptkommissar Zwerg schon eher locker auf diesem Gelände unterwegs war, habe ich dieses Mal doch eher eine härtete Gangart gewählt.

Aus meiner Feder sind keine präsentablen Bilder auf das Papier zu kriegen, habe ich die Illustrationen aus dem Inneren meines Schädels in Prosa eingefügt. Wer sich berufen fühlt Illustrationen zu erstellen, darf sie mir gerne unverbindlich zusenden.

Also hier mein Märchen von Lorea und der schwarzen Glock. Der Text ist ab 18!

 

[Aufgabe 16] Mai und Juni 2017: Märchen.

Es war einmal, vor gar nicht all zu langer Zeit, da lebte eine arme junge Frau, die hieß Lorea. Sie lebte mit Ihrem Bruder zusammen in einer ärmlichen Hütte am Rande der Stadt. Der Vater der beiden war unlängst gestorben, denn er hatte dem Weine all zu haltlos zugesprochen und war so in den Graben gestürzt und sodann gestorben.

(Bild von einem, der mit dem Gesicht nach unten vor einer Kneipe unter einer Straßenlaterne auf der Straße liegt, die Flasche noch in der Hand)

An jedem Tag der Woche kamen aber die Herren aus der Stadt zu Loreas Bruder und gingen ihn um die Schulden an, die der Vater bei ihnen hatte. Sie sprachen zu ihm:“dein Vater hat sich glänzende Taler von uns geben lassen, um sich Wein zu kaufen. Jeden Tag sagte er uns, dass er am morgen zur Arbeit auf unsere Felder gehen wolle und uns so die Taler vielfach zurück zahlen würde. Doch zur Arbeit auf den Feldern kam er nicht. Jetzt haben wir die Taler nicht mehr und die Felder liegen brach. Du sollst nun für die Schuld deines Vaters für uns arbeiten und erst wieder Heim gehen, wenn du die Taler abgearbeitet hast oder d Rücken von der Arbeit bricht.“

(Bild von einem Inkassobrief auf dem Couchtisch neben Aschenbecher, Kippen und Bierdose)

Doch Loreas Bruder war verbittert im Herzen, denn das Schicksal seines Vaters grämte ihn sehr. So sprach er schließlich im Zorn zu den Herren aus der Stadt:“Ich will nicht arbeiten für meines Vaters Schulden, denn er war ein schlechterer als ich und hat mir nicht Brot noch Holz für den Ofen hinterlassen. Alles gab er her für seinen Wein. Ihr gabt ihm die Taler und wusstet doch, das er nur Wein dafür trinken wollte und nimmer seinen Rücken auf den Feldern beugen wollte. Ich kann nicht für Eure Torheit und nicht für die Trunksucht meines Vaters. Geht und kommt nie wieder!“

Da wurden auch die Herren aus der Stadt zornig und schlugen Loreas Bruder und traten ihn mit Füßen, bis er am Boden lag und dann noch. Als sie von ihm ab ließen, sprachen sie:“ Wir kommen morgen wieder und den Tag danach und am Tage danach. Wir wollen dich jeden Tag schlagen und mit Füßen treten, bis wir als Mindestes die Taler von dir haben, die uns dein Vater zurück zu zahlen versprach.“

(Bild vom Bruder, blutend am Boden, die Eintreiber stehen drohend über ihm)

Da weinte Loreas Bruder bitterlich und alle Hoffnung wich aus ihm und sein Herz wurde finster. Aus dieser gramen Verzweiflung heraus sprach er:“ Ich habe eine Schwester, die ist jung und schön. Nehmt sie zu Euch und sie soll bei Euch liegen und Euch dienen. So Ihr das aber tut, sollt ihr nimmer mehr von meines Vaters geliehenen Talern sprechen und mich nimmer mehr schlagen und mit Füßen treten.“

Da nahmen die Herren aus der Stadt die schöne Lorea mit und sie musste bei jedem von ihnen liegen und ihnen dienstbar sein, bis die Herren aus der Stadt es leid waren, dass Lorea bei ihnen lag und sie auch nicht mehr wollten, dass sie ihnen dienen sollte.

(Bild von einer offenen Zimmertür. Ein schlaffer Arm ist mit einer Handschelle am Bettgestell befestigt. Ein Mann geht aus dem Zimmer, schließt sich die Gürtelschnalle, ein anderer geht hinein)

Sie trugen die schöne Lorea zur alten Hexe in den Wald. Die Hexe zahlte den Herren aus der Stadt noch viel mehr Taler als sich der Vater je geliehen hatte, denn im Haus der Hexe gab es Frauen und Mädchen, die bei garstigen Männern und schmutzigen Räubern liegen mussten und die Hexe bekam dafür viele Taler von den garstigen Männern und einen Teil der Beute von den schmutzigen Räubern.

(Bild von einem Bordell im Wald. Leuchtreklame „Exotic Dance, Sweet and Bitter“ oder so in der Art. Auf dem Parkplatz stehen viele Motorräder.)

Als nun Lorea Jahr und Tag im Haus der Hexe bei garstigen Männern und schmutzigen Räubern gelegen hatte und schon fast jede Hoffnung aus ihrem Herzen gewichen war, kam die Hexe zu ihr und sprach:“Geh und wasche dich bis du ganz sauber bist und kämme dir dein Haar bis es gülden glänzt, denn es kommt der Hauptmann aller Räuber des Waldes und er hat von deiner Schönheit gehört und will, dass du bei ihm liegst.“ Aus Angst vor harter Strafe tat Lorea, wie ihr geheißen war. Alsdann schloss sie die Hexe in ihrer Kammer ein, wo sie des Räubers harrte.

Mit großem Getöse und mit derben Scherzen polterten des Abends die Räuber in das Haus der Hexe. Sie waren noch schmutziger als sonst, denn sie hatten üppig Beute geschlagen und hatten schon in ihrem Lager mit Wein gefeiert. Der größte und schmutzigste von ihnen war ihr Hauptmann. Sogar die Hexe hatte große Furcht vor dem Hauptmann. Denn wenn einer nicht gab, was er verlangte, wurde er von seiner schwarzen Fee laut niedergeschrien und mit ihrem Donnerzepter geschlagen.

(Bild von einer Horde Biker auf dem Parkplatz vor dem Bordell, die zum Teil gerade von den Motorädern steigen und zum Teil schon abgestiegen sind. Der größte und breiteste hat eine Flasche in der Hand hoch erhoben. Auf Dem Rücken der Lederwesten ist ein Gang-Logo)

Als nun Lorea beim Hauptmann aller Räuber des Waldes liegen musste sprach ein helles Stimmlein zu ihr. „Wisse: Einst war ich die lieblichste Fee und alle nannten mich Silberglöckchen. Doch jetzt bin ich so lange bei den schmutzigen Räubern, dass mir alle Hoffnung aus dem Herzen gewichen ist. Ich selbst bin nun ohne Hoffnung und ganz schwarz geworden. Lass nicht die Hoffnung ganz aus deinem Herzen weichen, sonst wird auch dein Herz schwarz und dumpf wie eine alte schwarze Glock.“ Und obwohl Lorea selbst genug Leid für sich hatte, rührte sie das Schicksal der alten Glock.

Lass uns beide einander Hoffnung geben“ sprach da Lorea zur alten Glock, denn der Hauptmann war bald neben ihr im Rausch eingeschlafen. „Sage mir wo du bist und ich will dir helfen so gut ich es vermag. Vielleicht kannst ja du mit meiner Hilfe in die Freiheit fliegen ehe der stinkende Hauptmann wieder erwacht. Schon damit dass du wieder in Freiheit bist, würde ich wieder ein wenig Hoffnung im Herzen tragen können. Genug Hoffnung vielleicht, um mein Leid zu ertragen, denn ich muss hier Tag um Tag bei garstigen Männern und schmutzigen Räubern liegen.“

Da sah die alte schwarze Glock, dass Lorea sich ein tapferes Herz bewahrt hatte und jede der anderen würde helfen können.

Siehst du das lederne Beutelchen des Hauptmannes?“ Sprach die schwarze Glock. „Öffne es und lasse mich da heraus frei, und ich werde den Hauptmann und alle, die dir Böses wollen, anschreien und sie mit meinem Donnerzepter schlagen, denn ich bin es Leid einem schmutzigen Räuber zu dienen.“

(Bild vom Gesicht Loreas. Sie liegt auf dem Rücken, der Körper von einem dicken Biker verdeckt, der die Hosen in den Kniekehlen hängen hat und auf ihr liegt. Ihr Blick ist auf eine Pistolentasche am Gürtel des Bikers gerichtet.)

Sobald Lorea das Beutelchen des Hauptmannes geöffnet hatte, sprang ihr die alte schwarze Glock in die Hand und schmiegte sich ganz in die Hand hinein, und Lorea und die alte schwarze Glock genossen einander Wärme und Güte spüren zu lassen. Doch als sich Lorea und die alte schwarze Glock dem Hauptmann aller Räuber des Waldes zuwandten, schrien sie ihm gemeinsam all ihre Wut und Wehe entgegen und die alte schwarze Glock schlug ihn fürchterlich mit ihrem Donnerzepter vor die Brust und auf die Stirne hin. Sodann kamen die anderen schmutzigen Räuber gelaufen, denn sie wunderten sich wer da so schrie und donnerte und Lorea und die alte schwarze Glock schrien auch gegen sie fürchterlich und das Donnerzepter traf sie alle und streckte sie lang auf dem Boden hin.

(Bild von Lorea noch in Strumpfbandhalter und Korsage wie sie mit der Rauchenden Glock vor ihrem Zimmer steht. Durch die geöffnete Tür sieht man den dicken Biker auf dem Bett und einige seiner Kumpane auf dem Boden liegen.)

Als dann die Hexe kam, denn es sorgte sie um ihren Anteil an der Beute der Räuber, schrien Lorea und die alte schwarze Glock auch die alte Hexe so über das Unrecht gegen die Frauen und Mädchen in ihrem Hause an, das ihr die Ohren klangen. Das Donnerzepter traf sie viele Male, bis die Wut Loreas und der alten schwarzen Glock für ein erstes gestillt war. Zu den Mädchen und Frauen in den anderen Kammern im Haus der Hexe sprach Lorea:“Geht fort aus diesem Haus und diesem Wald und sucht euer Glück anderswo und denkt nicht zurück an garstige Männer, schmutzige Räuber oder die Hexe, denn die sind für immer fort.“ Dann schenkte sie jeder einen Teil aus der Beute der Räuber und verbrannte das Haus der Hexe mit allen Räubern darin, auch wenn die noch so stöhnten oder um Gnade bettelten.

(Bild von Lorea in Jeans und Lederjacke, wie sie mit der Pistole an der Hüfte auf ein Motorrad steigt. Im Hintergrund kämpft ein großes Aufgebot an Feuerwehr gegen die Flammen, die aus den Fenstern des Bordells schlagen)

Alsbald wurden auch die Herren aus der Stadt und der verbitterte Bruder Loreas von Lorea und der alten schwarzen Glock zornig angeschrien und mit dem Donnerzepter geschlagen.

Lorea aber kehrte ihrer Heimat den Rücken und zog mit der alten schwarzen Glock in die Welt.

Wo immer nun Frauen und Mädchen bei garstigen Männern liegen müssen oder bei schmutzigen Räubern, können sie sich etwas Hoffnung bewahren. Denn Lorea und die alte schwarze Glock werden eines Tages auch zu ihnen kommen und zornig schreien und jeden mit dem Donnerzepter schlagen, wenn er garstig oder schmutzig Böses getan hat.