Anmeldung in der Grundschule

Ein komisches Erlebnis…

Eines meiner Kinder kommt nächstes Jahr in die Schule. Das an sich ist noch nichts besonders Bedenkenswertes, auch dass wir unsere Kinder nicht dem Wahnsinn der Regelschule aussetzen wollen, ist nichts besonderes. Doch an den Gedanken, die im Laufe des Tages nach diesem Ereignissen durch meinen Schädel waberten, möchte ich Euch teilhaben lassen.

Diese und die letzte Woche war also in Berlin für die Eltern der kommenden Schulanfänger vorgesehen. Wie in der Familie MonsterKlatsch üblich, haben wir also den vorletzt möglichen Termin genutzt und heute vormittags in der…, nennen wir sie hier mal Bernhard-Grzimek-Grundschule (denn wir wollen ja niemanden übel nachreden) vorgesprochen, um unser Kind dort abzumelden und auf der Freien Schule unseres Vertrauens anzumelden.

Der erste Eindruck von der Schule war schon anders, als ich es inzwischen gewohnt bin, denn die Freie Schule unseres Vertrauens ist schon die ganz andere Seite dessen, was in Berlin an Beschulungsformen rechtlich zulässig ist. An der Tür empfing uns erst einmal das Schild, das Eltern den Zugang verwehrt: „Halt! Ab hier gehe ich alleine.“ Im Innern waren dann die Wände mit den üblichen Kindermalereien behängt. Hier ein Klassensatz von Sonnenblumen auf blauem Grund, da ein Klassensatz von Tänzerscherenschnitten auf buntem Zickzackmuster in blau, lila und grün. Alles sauber, nirgends Schmierereien oder Papierschnipsel.

Im Büro wurden wir sehr freundlich von einer professionellen Bürokratin aufgefordert, die Formblätter „bitte vollständig“ auszufüllen. Mein Schatz wagte zu Fragen wofür denn unsere „im Notfall zu erreichen unter:“-Telefonnummern benötigt würden, wo wir doch gerade dafür Sorge trugen, dass unser Kind diese Bildungsstätte nie zu betreten hätte. Die Antwort war ein irritiertes „Bitte vollständig ausfüllen“ von Seiten der Bürokratin. Na gut: Die Schule wird ja wohl kaum ein paar unterbezahlte Callcenteragents darauf ansetzen diese Nummern zu nutzen, um uns am Telefon Blasen ans Ohr zu quatschen bis wir gebrauchte Schulbücher abonnieren. Wir haben also brav unsere Handynummern herausgerückt.

Als wir dann durch das Treppenhaus der Erlösung verheißenden Ausgangstür entgegen strebten, kam uns die Treppe herauf eine Klasse samt Aufsichtsperson entgegen, die wohl vom Sport kamen. Brav in Pärchen Hand in Hand und der Reihe nach. Keines der Kinder lachte oder gackerte mit seinem Partner über die Albernheiten, die der Alltag für Zweitklässler so mitbringt. Keins der Kinder schlenkerte mit dem Turnbeutel in der Gegend herum. Keines der Kinder ärgerte die beiden vorausgehenden Kinder oder zog die Mädchen am Zopf. Das höchste der Ausgelassenheit waren ganz hinten zwei oder drei Pärchen, die leise (!) miteinander flüsterten. Als die Kinder irgendwo hinter irgendeiner Klassenzimmertür verschwunden waren, lag das Gebäude wieder vollkommen ruhig und friedlich da.

In der Schule meiner Kinder geht es etwas anders zu. Da kann es immer mal sein, dass die Kinder im Flur mit einem der Lehrer kicken oder oder gerade zwei Jungs probieren welches ihrer selbst zurecht gesägten Holzschwerter die überlegene Waffe ist. Im Keller ist es oft sehr laut. Entweder wird das Klavier gemartert, oder jemand sitzt am Schlagzeug oder es dröhnt Musik aus den Boxen und die Discokugel dreht sich. Im Hof gibt es einen Buddelkasten, den man mittels Handpumpe fluten kann und Obstbäume, bei denen im Normalfall keiner etwas sagt, wenn mehr Kinder als Pflaumen daran hängen.

Ja, ich weiß, dass eine Freie Schule vielen sehr suspekt ist. Aber nach dem Besuch in der Bernhard-Grzimek-Grundschule kamen mir so meine Gedanken und Zweifel. Wir haben in Deutschland gerne viel und oft Generationen von Kindern gleich geschaltet und auf Linie gebracht. Ich selbst bin ein Kind einer dieser Generationen bzw. mit milderen Mitteln auch in der Regelschule zurechtgestutzt. Nein, ich will nichts unterstellen. Ich denke schon, dass die Pädagogen in besagter Grundschule bestimmt den Kindern zukommen lassen, was sie für gut und richtig halten. Aber kann das auch richtig sein? Kinder die malen müssen, was ein anderer entscheidet. Sonnenblume aufrecht, gelb, auf blauem Grund. Kein Kind hat sich augenscheinlich getraut eine Rose oder ein Gänseblümchen zu malen oder Gott bewahre einen Wolke an den blauen Himmel. Kann das normal oder geistig gesundheitsförderlich sein? Wie verhalten sich Schüler, nachdem sie von acht Uhr bis dreizehn Uhr sich nur alle Stunde für fünf Minuten verhalten können, wie es von der Natur für ein Menschenkind artgerecht wäre? Wie arbeitet das kreative Kinderhirn, wenn es aus Sorge um Repressalien wie Noten oder Schimpfe vor versammelter Klasse, also auch den Freunden, keine bunten Blümchen malen darf sondern nur oben erwähnte Sonnenblume.

Natürlich bringt unser staatliches Schulsystem nicht nur sabbernde Idioten hervor, die unter ihren seelisch brutalen Lehrern zerbrochen sind, aber wie viele Eltern haben auch nur ein einziges Mal versucht die zukünftige Schule Ihrer Kinder mit deren Augen zu sehen und unter dem Gesichtspunkt „in gewissem Rahmen artgerecht“ zu beurteilen? Was für Eltern finden Gedanken an ein im Gleichschritt marschierendes Kind erstrebenswert und was erwarten sie von ihrem Kind?

Ich weiß eigentlich überhaupt nicht, was ich hier sagen will, aber das musste mal raus. Ich glaube ich hätte sonst heute Nacht schlecht geträumt.

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